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Peter Hübner – Deutsche Mythologie – DieTradition unseres Montags                          Seite 10
 

Mit Hilfe unseres Gedächtnisses und mit Hilfe scheinbar logischer Schlußfolgerungen setzen wir die blitzlichtartigen Eindrücke diesseits und jenseits unserer tiefschlafartigen Gedankenleere zusammen – so wie ein Mosaik –, fügen dabei die einzelnen Bilder auch noch enger aneinander, als richtig ist, und glauben so, ein klares kontinu- ierliches Bild der Wirklichkeit zu erhalten.

Diese Art wissenschaftlicher Systematik präsen- tiert wohl einen gewissen Eindruck, wie die stetig sich entfaltende Wirklichkeit des Lebens rein theoretisch unter Umständen aussehen könnte.

Aber diesem konstruierten Bild einer vermeint- lichen Wirklichkeit fehlt das entscheidende Ele- ment der konkreten Wirklichkeit des Lebens überhaupt: das Homogene, der Zusammenhalt, das wirklich kontinuierlich Fließende – und dadurch: das Spielerische, die wirkliche harmonische Ent- faltung und die reale Erkenntnis des natürlichen Fortschritts in der Schöpfung.

Solange wir aus unserer ganz persönlichen Erfahrung nur die drei ersten Hauptbewußtseins-zustände unseres Tiefschlafs, unseres Traum- und unseres Wachbewußtseins kennen, solange erfahren wir unsere eigenen Gedanken und Vorstellungen nicht an ihrem Entstehungsort – denn dort sind wir ja offensichtlich bewußtlos –, sondern erst, wenn sie schon wie fertige Blitze in unserem Geiste aufleuchten; und wir nennen diese Gedankenblitze in unserem kurzlebigen Wach- oder Traumbewußtsein dann: unsere Ideen.

Solche sprunghaften und mit unserem Verstande nur mühsam zusammengehaltenen Geistesblitze oder Ideen hängen in Wirklichkeit sehr wohl zusammen.

Wollen wir in unserem verständlichen Bemühen um innere Logik dieses Zusammenhängen jedoch lückenlos wahrnehmen, so müssen wir lernen, unsere Gedanken schon an deren Entstehungsort zu erkennen, und wir müssen uns üben, ihre sehr komplizierten Wege und Bahnen mit wachen Sinnen kontinuierlich zu verfolgen, ohne auch nur ein einziges Mal auszusetzen – denn dadurch würden wir den Zusammenhang des wirklichen stetigen eigenen Geistesgeschehens augenblick- lich vollständig aus unseren Augen verlieren, auch wenn wir uns nachher noch so einreden, dies mache nichts aus – wir hätten den Gedanken oder einen ähnlichen ja wiedergefunden.

Aber was mag der Gedanke in der Zeit unseres Tiefschlafs alles erlebt und getan haben?

Die Welt unseres Denkens mag sich dabei noch in unendlich viel schnelleren Bahnen bewegen, als wir ahnen – solange wir im Bewußtsein unserer Existenz ungeübt sind.

Wenn wir nur die drei ersten Hauptbewußtseins-zustände kennen und weitere nicht entwickelt haben, dann sind wir nur bruchstückhaft erken-nende Menschen.

Dabei ist es ganz verständlich, daß wir den klei- nen kurzen Freuden nachjagen – daß wir uns dabei abhetzen, daß wir in den wenigen Stunden unseres begrenzten Wachbewußtseins umher-rennen, in der Hoffnung, in der Welt unser Glück zu finden.

Aber wir verfangen uns nur immer mehr in dem sprunghaften, abgehackten Lauf unseres Be- mühens. Auf diese Weise verlaufen wir uns – ohne es selbst zu bemerken – immer zwingender in einem Labyrinth kurzer Einfälle oder Einsichten.

Wir bilden uns in unserem begrenzten Wachbe- wußtsein jedoch ein, unsere willentlichen Zickzackbewegungen, mit denen wir von einer kleinen Freude zu einem anderen begrenzten Vorteil und immer wieder zu erneuter winziger Befriedigung springen, könnten uns unserer Erfüllung wirklich näherbringen.

Die Erfahrung beweist uns aber, daß ein Bettler unter Beibehaltung des Bettelvorganges kein wirklich Reicher werden kann. Wohl mag er hier und da gewisse Werte ergattern – das kontinu- ierlich sichere Gefühl des Reichtums, welches nur die wirklich Reichen haben, erhält der Bettler, wenn er immer nur bettelt, nicht; er muß sich stets um sein Morgen oder Übermorgen Sorgen machen.

Dies liegt daran, daß er die Technologie des Bettelns beibehält und nicht umsteigt auf diejenige des leistungsgerechten Verdienens.

 

 

 

 

 

 

 

 

Das entscheidende
Lebenselement

 

 

 

 

 

 

 

 

Erkenntnis
der Gedanken am
Entstehungsort

 

 

 

 

 

 

 


Die Jagd nach
kleinen Freuden

 

 

 

 

 


Die Technologie des
Bettelns und des
leistungsgerechten Verdienens

 
 
 
                                                                                                               
 
Aus: Peter Hübner „Demokratisches Manifest“
erscheint nach und nach im Internet
Veröffentlichung mit freundlicher Genhemigung von AAR EDITION
© DER HESSISCHE LANDBOTE 2001
 

 

 

 

 

 

 
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