In
Mitgard
lebte einst ein mächtiger Jowan, ein Ringer. Aus zwei- tausend
Zentnern Weizenmehl bestand seine tägliche Nahrung, und
er genoß sie gemischt mit tausend Zentnern eines dicken
Breies.
Für die Tiere des Landes war es ein großes Glück,
daß er ein strenger Vegetarier war.
Einmal vernahm er von einem anderen Jowan, welcher in einem
anderen Lande leben sollte und der mächtiger sein sollte
als er.
Das verletzte seinen Stolz, und er entschloß sich, unverzüglich
aufzubrechen und den anderen herauszufordern.
So begab er sich auf den Markt und kaufte viertausend Zentner
Weizenmehl als seine Ration für zwei Tage.
Diese Last setzte er sich in einem Bündel auf den Kopf
und machte sich auf den Weg.
Drei Stunden Weges brachten ihn an das Ufer eines Sees, der
an der Grenze seines Landes lag. Er war sehr hungrig und durstig
geworden.
Deshalb kniete er am Ufer des Sees nieder, beugte den Kopf
zum Wasser und schlürfte in einem Zuge beinahe den halben
See leer.
Dann schüttete er einen Teil seines Weizenmehls in den
See, nahm eine dicke Eiche zum Umrühren und aß
so die zubereitete dicke Suppe.
Da er sich jetzt einigermaßen gesättigt fühlte,
schlief er sofort ein.
Nun
pflegte ein Elefant täglich an den See zu kommen, um
daraus zu trinken.
Er kam wie gewöhnlich, aber zu seiner Überraschung
war der See leer und trocken! Gerade wollte er sich voller
Unwillen wieder fortbegeben, als er den schlafenden Jowan
erblickte.
Er wußte sogleich, daß dieser Jowan das Wasser
getrunken hatte. Voll Wut griff er ihn an und trampelte ihm
auf dem Kopf herum.
Aber der Ringer drehte sich nur auf die andere Seite und sagte:
Nicht so zaghaft! Mit so sanften Streichen wird mein
Kopf-schmerz nicht besser werden. Mehr Kraft mußt du
dransetzen, lieber Freund!
Der Elefant hielt inne und wußte nicht, was er tun sollte.
Doch da erhob sich der Jowan, um seine Reise fortzusetzen.
Er sah den Elefanten an, ergriff ihn am Rüssel und schwang
ihn sich über die Schulter. Dann zog er weiter.
Noch wenige Schritte, und er hatte das Haus seines Rivalen
er-reicht. Komm heraus, o Jowan dieses Landes!
rief er. Komm her und versuch es, mich zu Fall zu bringen!
Er ist nicht zu Hause , erwiderte die Frau des
anderen Jowans, die hinter der Mauer im Hofe stand. Er
ist im Walde, um frisches Brennholz
zu beschaffen.
Nun gut, ich werde noch einmal vorbeikommen ,
sagte der Ringer. Aber nimm inzwischen ein kleines Geschenk,
das ich für ihn mitgebracht habe. Und mit diesen
Worten schleuderte er den Elefanten über die Mauer auf
den Hof.
Mutter, Mutter, sieh doch, dieser Rivale deines Sohnes
hat eine Maus in unser Haus geworfen! rief da die Frau.
Was schadet das, mein Kind? antwortete ihr die
Schwieger-mutter, wirf sie wieder hinaus!
Und erneut wurde der Elefant über die Mauer geworfen
und fiel dem Ringer vor die Füße. Der hob ihn auf
und ging davon.
Nicht schlecht , dachte er. Wenn die Frau
des Rivalen einen Elefanten wie eine Maus ansieht, wie mag
mich der Jowan selbst einschätzen?
Er war noch nicht weit gegangen, da sah er seinen Rivalen
daher- kommen. Dieser trug einen ganzen Mischwald auf dem Kopf.
Das ist wirklich ein würdiger Gegner , dachte
er bei sich.
Und er wandte sich an den Rivalen mit den Worten: Ich
habe
von deinem Ruf vernommen und bin aus meinem Lande hierher-gekommen,
um mit dir zu kämpfen. Wollen wir eine Runde austragen?
Aber gewiß , erwiderte der andere. Nur,
komm mit in die Stadt, denn hier ist niemand, der den Schiedsrichter
machen kann. Aber ich bin in Eile, wieder
nach Hause zu kommen, erwiderte der erste. Laß
uns also hier und sofort kämpfen.
Was einen Richter anbetrifft: sieh, da trottet gerade eine
alte Frau vorüber. Ich werde sie bitten, zuzuschauen
und den Kampf
zu beurteilen.
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