So
begab er sich zu der Alten und sagte: O Mutter, bleib einen Augenblick
stehen und schau dir unseren Kampf an! Das kann ich nicht,
mein Sohn, das kann ich nicht, erwiderte die alte Frau, denn
meine Tochter hat mir alle Ochsen und Kühe gestohlen, und ich muß
laufen, um sie einzuholen. Aber wenn es euch Spaß macht, auf meiner
Handfläche zu kämpfen, so werde ich mir euren Wettkampf betrachten,
während ich weitergehe.
Die beiden Ringer
sprangen der Alten auf die Hand, mit dem Ele- fanten und dem Wald, und
begannen sich gegenseitig zu packen. Und dabei eilte die Frau weiter
über Felder und Flüsse.
Als die Tochter
der Alten die Mutter von ferne sah, da war sie zuerst sehr erschrocken.
Sie dachte, daß die Mutter Soldaten gebracht hätte, um sie
einzufangen.
Als sie aber sah, daß die Mutter nur zwei Ringer mit sich führte,
langte sie mit kühnem Griff nach der Mutter und den Ringern.
Mit dem Elefanten und dem Wald und den drei Millionen Kühen und
sechzigtausend Ochsen, die sie mit sich trieb, schnürte sie alles
in ein Bündel zusammen.
Das Bündel aber legte sie sich auf den Kopf und eilte weiter.
Einer der Ochsen jedoch war hungrig. Er steckte den Kopf aus dem Bündel
und muhte.
Da riß die Tochter der Alten zwei Birnbäume vom Rand des
Weges und steckte sie dem Ochsen als Nahrung in das Maul.
Nun gehörten das Feld und die Bäume einem Bauern, dessen kleiner
Sohn gerade in die Stadt gehen wollte, um Eier auf dem Markt zu verkaufen.
Der kleine Junge sah, wie die Tochter der Alten diese Birnbäume
ausriß, und wurde sehr zornig.
Er ergriff die eine Ecke des Feldes und zog daran. Die Tochter der Alten,
die gerade das Feld überquerte, stolperte und fiel. Aber bevor
sie sich wieder erheben konnte, hatte der Kleine das Feld wie einen
Teppich zusammengerollt, mit der Tochter der Alten und ihrem Bündel
darinnen.
Die Rolle nahm er unter den Arm und ging weiter auf dem Wege in die
Stadt.
Er war sehr hungrig geworden, so daß er, kaum war er in der Stadt
angekommen, einen Bäckerladen packte und ihn sich ganz in den Mund
stopfte.
Als die Städter sich darüber entsetzten, ergriff er die ganze
Stadt und steckte sie in seinen Korb.
Nun gab es aber keine Stadt mehr, in welcher der kleine Junge seine
Eier verkaufen konnte. So ging er langsam in sein Dorf zurück.
Doch war er nicht weit gegangen, als er schon wieder Hunger hatte.
So brach er die Eier oben auf und trank sie aus. Dann kam ihm ein Gedanke.
Er nahm das aufgerollte Feld mit der Tochter der Alten und ihrem Bündel
darin und steckte alles zusammen in die leere Schale eines Eies. Diese
trug er zum Ufer eines Flusses und ließ sie schwimmen.
Die Eierschale tanzte auf dem Fluß und wurde weiter bis ins Meer
getragen.
So reiste die Eierschale Tausende von Meilen, bis endlich eine mächtige
Woge die Schale gegen eine Insel schlug und sie zer-schmetterte.
Und das aufgerollte Feld kam aus der Schale und entrollte sich wieder.
Es ließ die Tochter der Alten und ihr Bündel frei. Und aus
dem Bündel kam die alte Frau heraus, und die beiden Jowane kämpften
immer noch auf ihrer Handfläche. Und auch der Elefant und der Wald
und die drei Millionen Kühe und die sechzigtausend Ochsen gelangten
ins Freie.
Und ein jeder von ihnen ging sofort wieder weiter der Verwirk- lichung
seiner begrenzten Ziele nach. Mit diesen letzten Worten flog die
Eule von ihrem Ast herab ins blumengeschmückte Gras und nahm ihre
wahre Gestalt an.
Mani stockte der Atem, denn sie erkannte sie als ihre Groß- mutter.
Und die Begebenheit des Mannes mit dem goldenen Bart war dessen
war sich Mani jetzt auch sicher die Geschichte ihres Großvaters
und ihres Vaters sowie ihres Großvaters mütterlicherseits.
Mani wußte wohl, daß ihr Vater einen sehr abenteuerlichen
Werdegang hinter sich hatte, als er der König
der Meermänner wurde, doch er hatte nie darüber gesprochen
wie auch die Weisen niemals über sich selbst sprechen.
Und auch die Großmutter, welche ja die Königin war, die ihren
Sohn nach langer Abwesenheit wieder glücklich in die Arme geschlossen
hatte, hätte sich wohl zu der Geschichte ihrer eige- nen Familie
kaum geäußert, wenn sie hier nicht in ihrem Amt darum gebeten
worden wäre; denn die Anwesenden hatten die Begebenheit ja erzählt
und um die Erklärung gebeten.
Dies alles ging Mani blitzschnell durch den Sinn, und sofort kam ihr
da auch der Gedanke an ihre Gefährtinnen, welche sie auf ihrer
Reise zu ihrem Bruder Sol auf dem Schiff begleitet hatten, und sie fühlte
in sich den Wunsch und die Verpflichtung, sie auf diese Insel des Glücks
mitzunehmen; denn hatte nicht gerade auch ihr Großvater alles
unternommen, um die Bürger seines Landes zu höherer Vollendung
zu führen? |