Millennium
ist das geflügelte Wort derer, die ihre Arbeit oder auch
Arbeitslosigkeit mit der Importanz der Jahrtausendwende ins Rampen-licht
der Öffentlichkeit heben möchten.
Denn
Millennium
ist nicht das Wort für den Spießer, der sein kleines
Gärtchen hütet wie seinen Augapfel und sein Auto putzt,
bis sein Lack durchgerieben ist.
Und Millennium
ist auch nicht das Wort jener nur in das Tagesgeschwätz Eingeweihten
Leser bzw. Zuschauer und Macher gleichermaßen.
Das
Wort Millennium gehört nur dem
weltoffenen, naturschaffenden im großen Stil weltverändernden
und deshalb so bedeutungsvollen archetypischen Mäzen unserer
heutigen Zeit und sei es auch nur in seiner eigenen Vorstellung
und in seiner eigenen unbedeutenden Stiftung welche ja
heute, in der Millenniums-Zeit, allerorten
wie Pilze aus den Firmenlandschaften sprießen.
Wichtig
ist dem Stiftungs-Mäzen die Präsentation seines Millenniums
als einer zeitverändernden, Zeit und Raum gestaltenden Ware,
in deren Zentrum er sich persönlich auf Kongressen und Tagungen,
in Kulturveranstaltungen und Büchern bis hin zu seiner Autobiographie
erstreckt auch wenn er dreist gar nichts bewegt hat, aber
weil er doch soviel Bedeutungsloses zu sagen hat.
Das
Millennium ist also eine absolute
Realität, an der auch diejenigen nichts ändern können,
die sein Millennium an seinen Grundfesten
erschüttern wollen durch so dumme Hypothesen, wie: daß
die Zeitrechnung falsch sei: daß beispielsweise erst in
300 Jahren das wahre Millennium sei
und daß er sich deshalb heute nur an einem relativ unbedeutenden
Zeitpunkt aufhalte.
Diese
Untergrabung seines Millenniums-Gedankens
ist dem Stiftungs-Mäzen eine Ungeheuerlichkeit von ganz niedrig
gesinnten Menschen, die sein bedeutendes Millennium-Wirken
als eines besonderen Menschen im Zenit seiner glänzenden
Karriere und im vollen Rampenlicht der Öffentlichkeit zunichte
machen wollen, damit er dann genauso dumm dasteht wie all diejenigen,
die etwa 500 Jahre früher oder später gelebt haben bzw.
leben und nicht das Glück hatten und haben, in die ungeheuer
importante Zeit eben des heutigen Millenniums
hineingeboren zu sein, wo man sich mit Worten, Stiftungen und
Kongressen veröffentlichen und Geschichte machen kann, wie
in keiner anderen Zeit und sei es auch nur bis zur Weltflucht
ins Grab.
In
der kosmischen Zeitrechnung dieses Millenniums-
Exponenten ist also sein Millennium
so etwas wie zum Beispiel in der irdischen Zeit jene Periode des
Wirtschaftswunders nach einem verlorenen Weltkrieg wo auch
in gewisser Weise manch einer von ganz unten nach ganz oben strebt,
und dafür mit viel Energie Tag und Nacht schwitzt und arbeitet.
Und
ob man nun von Millenniums-Stunden,
Millenniums- Tagen und Millenniums-Wochen
oder Millenniums- Jahren spricht,
das hängt immer ganz davon ab, wie genau in der Nähe
des Millenniums man seine große
Chance an der Erregung internationaler Aufmerksamkeit zusammen
mit dem wunderbaren Wort Millennium:
Weltgeltung! erkennt.
Nur
eines ist wichtig: man weiß, wer man ist, denn man lebt
im Millennium man spricht
es aus: öffentlich! Und man hat Weltgeltung: man macht Geschichte
zumindest im Augenblick! Und wenn der Niedriggesinnte auch
behauptet, diese Millennium-Unternehmung
der Herrn X oder Y habe doch nur den Wert einer großangelegten
Todesanzeige mehr nicht , dann weiß der solchermaßen
von der Bedeutungslosigkeit Geplagte, daß sein Millennium
jedenfalls die Zeiten Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte
bis zum nächsten Millennium
überdauern wird. Dieser Gedanke beruhigt ihn: er jedenfalls
hat nicht umsonst gelebt denn er hat im Millenium
gelebt!
Man
spricht ja immer über den Aufsteiger und Absteiger des Tages,
aber wer wagt schon, über den Auf- und Absteiger des Millenniums
zu reden der Millennium Aufsteiger
ist nämlich der Aufsteiger des Jahrtausends.
Dies bekundet schon deutlich genug das Wort selbst:
M i l l e n n i u m.
Leider
benutzen zu viele Menschen für zu viele Dinge dieses exklusive
Wort Millennium: das
Millennium-Essen, das
Millennium-Trinken, der
Millennium-Wein, das
Millennium-Bier, die
Millennium-Toilettenbrille,
das Millennium-Auto,
ja selbst die Millennium- Seuche
wie ordinär! So unindividuell! Wo doch Millennium
ein Wort ist, mit welchem der zu jeder anderen Zeit völlig
unbedeutende Mensch wenigstens mit Geld zu seinen Lebzeiten Geschichte
machen kann warum nicht wenigstens zu Lebzeiten? Besser,
als überhaupt nicht!
Millennium
ist also mit einem Wort: Die große Welt der Geschichte
des kleinen Mannes! Es ist die selbstgenügsame Zeit der unbedeutenden
Geschichte-Macher aus der Welt des Tagesgeschwätzes: es ist
jene wunderbare Zeit, wo sich die archetypischen Vertreter des
Tagesgeschwätzes in Form von Autobiographien des Nichts
unter jenem ungeheuer vielsagenden, ausgesprochen geflügelten
Wort Erinnerungen
kurz vor ihrem Abgang noch einmal der Geschichte präsentieren
möchten idealerweise: der Weltöffentlichkeit.
Nur
im Millennium kann der kleine Mann
bei aller Mittelmäßigkeit die große bedeutende
Zeit an einen kleinen unbedeutenden Ort seiner Wahl zitieren,
deswegen ist Millennium
die Chance der Provinz: die Chance
von Diers, HNA
auch nein: besonders auch ohne sein Ich.
Ihr
Chefredakteur
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