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ÜBERREGIONAL |
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DER HESSISCHE LANDBOTE |
Peter Hübners Märchenstunde Das Fliegende Schiff Seite 7 | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
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Als Karl schon wieder eine ganze Strecke zurückgelegt hatte und dabei immer wieder fieberhaft überlegte, wie er denn nur geschwind das Schiff besorgen könne, da fiel ihm ein, was der Bettler zu ihm gesagt hatte: Das werdet Ihr wohl bleiben lassen. Und so wuchsen in seinem Geiste Zweifel an seinem Unternehmen. Immer machtvoller schossen sie in seinem Inneren empor; und je mehr er an den Alten und dessen Worte dachte, um so einleuchtender wurde es ihm, wie unglaublich und wenig einträglich ja eigentlich diese Idee sei: loszuziehen, um ein Schiff zu besorgen, welches auch noch über Land fahren sollte, ja sogar durch die Lüfte; und dabei war er gerade nur mit soviel Nahrung versehen, wie er benötigte, um nicht zu verhungern, wenn er an den Hof des Zaren reisen wollte. Und der Zweifel nagte immer mehr an seinem Gewissen. Schließlich war Karl sicher, daß er hier den Weg in die Irre angetreten habe. Er wandte sich kurzentschlossen um und eilte wieder seinem Zuhause entgegen. Sollte doch der jüngste Bruder sein Glück versuchen! Er selbst war von solchem Unsinn frei: ein Schiff, das zu Wasser und zu Lande fahren kann und dazu auch noch durch die Lüfte, das war für Karl das Verrückteste! Er verstand sich auf den Kauf von Getreide und auf den Verkauf von erlesenem Mehl; da, in seinem Fachgebiet, genoß er Ansehen in der Familie und auch bei seinen Freunden und Bekannten ja sogar darüber hinaus in vielen Teilen der Welt. Schließlich lieferte er gute Ware zu einem annehmbaren Preis. Aber ein fliegendes und über Land fahrendes Schiff suchen das durften seine Bekannten gar nicht erfahren. Auslachen und für verrückt erklären würden sie ihn und leider nicht zu Unrecht. Der Zar, der hat Ideen, natürlich auf Kosten anderer; denn von denen verlangt er, daß sie sie ausführen. Bestimmt glaubt er selbst gar nicht an so etwas Absurdes; ah, er will seine Tochter gar nicht verheiraten, und deshalb kommt er mit solchen undurchführbaren Spekulationen. Nur gut, daß er, Karl, bisher immer erfolgreich gewirtschaftet und Gewinn eingebracht hatte, und klug auch, daß er jetzt noch rechtzeitig umgekehrt war. Der Vater wollte sicherlich nur feststellen, ob er sich nicht etwa mit ihm verrechne; denn wie sollte er den ganzen weltweiten Einkauf und Verkauf der Ware abwickeln, mit all seinen Problemen und Risiken: man mußte erst einmal gute, erfolgreiche, aber nicht zu geschäftstüchtige Bauern ausfindig machen; dann begannen die zähen Verhandlungen um den Preis und das alles dazu noch oft in den verschiedensten Sprachen und Dialekten, die die wenigsten verstanden; und schließlich mußte er das gemahlene Korn auch wieder als Mehl verkaufen. Kaum jemandem war klarzumachen, nach welchen strengen Regeln der Vater und der Bruder die Körner mahlten und daß deshalb auch der Preis gerechtfertigt war. Ja, er selber war sich über die Technik des Mahlens nicht einmal sicher, aber die zufriedenen Gesichter der Kunden sprachen da zumindest eine für ihn, Karl, überzeugende Sprache. Deshalb
war er auch stolz auf seinen Vater und auf seinen älteren Bruder;
denn sie lieferten ihm Qualität für die hohe Kundschaft. Stattdessen hatte er sich zumindest kurzfristig darauf eingelassen, in der Weltgeschichte herumzuirren und an die ausgefallensten Ideen des Zaren zu glauben. |
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Veröffentlichung
mit freundlicher Genhemigung von AAR
EDITION © DER HESSISCHE LANDBOTE 2001 |
DIE HESSISCHE WAHRHEIT OHNE GRENZEN TRADITIONSBEWUSST | |
Unter der Schirmherrschaft der Deutschen Kulturstiftung | Aar Edition zahlt |