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  Peter Hübner‘s Märchenstunde –
Die Geschichte vom Weisen Sehermund und seiner Wunschkuh                               Seite 2
     
 
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Als Helgi den Weisen so unwillig fand, nahm er die Kuh einfach mit.

Die Kuh dachte unter Tränen: „Hat der Meister mich wirklich weggegeben? Warum ziehen die Diener des Königs mich so?“

Also riß Sawala sich von den Dienern Helgis los, lief zu Sehermund und fragte: „Hast du mich weggegeben? Königliche Diener ziehen mich mit Gewalt fort.“

Da antwortete Sehermund besorgt: „Nein, Sawala, ich habe dich nicht weggegeben. Du hast mir kein Leid getan. Der König nimmt dich mit Gewalt von mir. Meine Kraft ist jedoch seiner Macht nicht gewachsen. Sieh, er hat Elefanten, Pferde, Kampfwagen und eine riesige Armee. Er ist ein mächtiger Krieger und Beherrscher der Erde.
Darüber hinaus ist er mein Gast, und es ist nicht recht, das Gastrecht zu verletzen.“

Jetzt sagte Sawala bescheiden: „O großer Meister, die Macht eines Kriegers ist natürlich groß – aber noch größer ist die Macht eines Weisen; denn die Kraft des Weisen ist übernatürlich und überragt daher die eines Kriegers.
Obwohl Helgi über alle Maßen mächtig ist, kommt er dir doch nicht gleich.

Ich kann durch deine Gnade Wunder wirken wie der Schöpfer selbst.
Bitte gib mir die Erlaubnis, und ich werde alle Versuche dieses verblendeten Königs zerschlagen und seinen unermeßlichen Macht-hunger hinunterdrücken in den Staub.“

So befahl also Sehermund seiner Kuh Sawala, Soldaten hervorzubringen, um Helgis Armee zu zerstören.
Und Sawala schuf durch ihre übernatürlichen Kräfte sogleich eine Anzahl tiefblauer Krieger – dunkel wie die Nacht.
Wütend begann Helgi sogleich diese schwarzen Krieger anzugreifen; doch da legte sich plötzlich über sein ganzes Heer ein tiefer Schlaf.

Sofort schuf Sawala zwei neue Gruppen tiefblauer Krieger – so dunkel und dennoch auch so hell wie die von Blitzen durchzuckte, tiefschwarze Nacht.

Die Krieger waren mit scharfen Äxten bewaffnet.

Und als das Heer Helgis aus seinem tiefen, dunklen Schlaf erwachte und diese neuen Krieger angreifen wollte, da gerieten die Soldaten des Königs völlig durcheinander und wußten nicht mehr, ob sie nun träumten oder wachten.

Deshalb breitete sich überall im Heer Chaos aus; die Soldaten rannten nur verwirrt durcheinander und Helgi hatte seine Not, das Heer wieder zu ordnen.

Währenddessen schuf Sawala eine vierte Gruppe schneeweißer, funkelnder Krieger – helleuchtend wie das Licht des Vollmonds.

Und als Helgi sein Heer auch gegen diese Krieger vorwärtstrieb, um sie anzugreifen, da verfielen die Soldaten des Königs wieder in Schlaf – nur, daß er diesmal nicht dunkel und dumpf, sondern geradezu erholsam war und hell wie die leuchtende Vollmondnacht.

Nun schuf Sawala durch ihre übernatürlichen Kräfte wieder eine neue Gruppe von Kriegern. Diese waren wohl auch schneeweiß und funkelnd, jedoch entstanden in ihren weißen Rüstungen und auf ihren weißen Schilden andauernd schwarze Risse; sie schlossen sich auch immer wieder schnell, und sogleich öffneten sich neue Risse an anderen Stellen.

Dabei wurden diese tiefblauen Schluchten von strahlenden, silberhellen Blitzen durchzuckt, so daß es diesmal aussah, als würde der leuchtende Vollmond von dunklen Gewittern heimgesucht.

Und als das Heer Helgis mit erfrischtem Geist erwachte und von seinem König zu höchster Kampfbegeisterung angespornt wurde, die neuen Krieger frohen Mutes anzugreifen, da sahen die Soldaten in diesem ganzen Tun überhaupt keinen Sinn – ja sie zweifelten sogar an dem Wert der ganzen kämpferischen Unternehmung.

Lange Zeit mußte Helgi seine volle Überzeugungskraft einsetzen und jeden einzelnen seiner Soldaten immer wieder überreden, nun doch tapfer zu kämpfen.
„Wer soll denn hier eigentlich gegen wen kämpfen?“ fragte ein jeder ihn immerzu.

Und als der König heftig erwiderte, sie sollten mit denen dort drüben kämpfen, da fragte ihn ein jeder seiner Soldaten: „Was habe ich denn mit denen zu schaffen? Was sind diese Männer denn überhaupt – gegen mich? Sie lassen sich mit mir ja gar nicht vergleichen!

Wollte man gegen sie kämpfen, so käme dies ja dem Fall gleich, daß man eine Strecke mit einem Gewicht vergleicht; wie soll das vernünftig sein?“

Lange Zeit schüttelten die Soldaten des Königs nur verständnislos ihre Köpfe, so als sähe der König die Wirklichkeit ihres Daseins völlig falsch.

„Eure Probleme“, sagte ein jeder überzeugt zu Helgi, „liegen mir fern! Sie liegen sehr, sehr weit weg von mir; ich bin zufrieden – was interessieren mich da aufgeblähte Kampfhandlungen, die mich doch nur in meinem eigenen, natürlichen Frieden stören?“

Solche Reden seiner Soldaten brachten Helgi bald an die Grenze des Erträglichen; und schließlich wußte er selbst auch nicht mehr, ob er nun träume, wache oder schlafe; doch gab er keinesfalls auf: unermüdlich sprach er immer wieder auf seine Soldaten ein wie auf unschuldige Lämmer, welche von einem Krieg überhaupt nichts wissen wollen.

     
                                         
                                       
           
                                                                                                                   
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
           

 

 
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